Wiesbaden, 14. Februar 2009:

Zum Tee bei Schillers und Goethes

Um 17 Uhr, zur Teezeit also, haben die Dichterpflänzchen in den wunderschönen Spiegelsaal der traditionsreichen Wiesbadener Casino-Gesellschaft geladen, um dort „in der Dichterwerkstatt“ Goethe und Schiller bei der Arbeit zuzusehen. Rechts auf der Bühne ein liebevoll indisch-blau gedeckter Teetisch, links ein Klavier. Darauf spielt die Pianistin Barbara Disselnkötter (die an der Elly-Heuss-Schule Musik unterrichtet) zur Begrüßung Chopins Nocturne (cis-Moll op. posth.) wunderschön, man möchte gar nicht, dass sie so bald wieder aufhört...

Und dann kommt die Teegesellschaft: Herr Professor Schiller mit seiner Frau Charlotte, geb. von Lengefeld, und Herr Geheimrat Goethe mit seiner Frau Christiane, geb. Vulpius, alle durchaus kenntlich auch ohne offizielle Kostümierung. In Wirklichkeit haben diese vier Menschen wohl nie so vertraulich an einem Tisch gesessen, dies verhinderte damals die Hofetikette – nein, man habe das nette Beisammensein nur den Dichterpflänzchen zu verdanken, bemerkt Christiane Goethe. Umso authentischer ist das, was die vier zu erzählen haben, es stammt aus Briefen der beiden Dichter oder von Zeitgenossen, aus Erinnerungen, Anekdoten oder Goethes Gesprächen mit Eckermann.

Was die vier am Tisch sich nicht gegenseitig berichten, das ergänzt eine Sprecherin. Doch aus erster Hand erfährt das Publikum, wie Goethe und Schiller sich anfangs aus dem Wege gingen, da sie sich für mindestens so gegensätzlich wie die beiden Erdpole hielten, dann aber doch Freunde wurden und an der Zeitschrift „Die Horen“ zusammenarbeiteten. Man schwelgt in Erinnerungen über den „Xenienkrieg“ mit kleingeistigen Zeitgenossen und an die gemeinsame Arbeit besonders im „Balladenjahr 1797“, als man das Publikum absichtlich im Unklaren darüber ließ, aus wessen Feder z. B. „Die Teilung der Erde“ geflossen war. Christiane plaudert über den biographischen Hintergrund von Goethes „Schatzgräber“. Ihr Mann habe sich ein Los bei der Hamburger Lotterie bestellt und auf den Hauptgewinn, einen schlesischen Gutshof, gehofft – bis sich dann die Erkenntnis „Tages Arbeit, abends Gäste/ Saure Wochen, frohe Feste“ durchgesetzt habe.

Sobald eine Ballade Gesprächsthema wird, hört man sie natürlich auch vorgetragen – entweder von den Herrschaften bei Tisch oder von anderen Dichterpflänzchen-Kollegen: Goethes „Zauberlehrling“ und seine indische Legende „Der Gott und die Bajadere“, Schillers „Handschuh“ und das Gegenstück „Der Taucher“ u.v.m. Und man erfährt man auch, wie die Freunde Wilhelm von Humboldt und Christian Gottfried Körner auf die neuen Balladen reagierten: begeistert und kritisch zugleich.

Nach der Pause ist das Teegeschirr abgeräumt. Die beiden Dichter sitzen zu zweit beim Wein und erinnern sich an die Entstehung der „Kraniche des Ibykus“. Die Idee stammt von Goethe, die Schiller aber dann in die Tat umsetzte – unter reger Anteilnahme des Freundes. Zuerst sei das Gedicht „nicht lang“ gewesen, doch unter Goethes ausführlichen Vorschlägen zur Ausarbeitung des Kranichthemas wächst es zu dem Kunstwerk, als das wir es heute kennen und das zur Begeisterung des Publikums auswendig rezitiert wird.

Der herzliche Applaus, nicht zuletzt für die virtuose Pianistin Barbara Disselnkötter, die mit kleinen Klavierstücken von Chopin und Schumann durchs Programm begleitet hat, zeugt von einem gelungenen Auftakt zum Schiller-Goethe-Jubeljahr 2009.

Gabriele Liebig



Weitere Veranstaltungen der Dichterpflänzchen
zum “Schiller und Goethe Jahr 2009“ :



Mittwoch, 24.Juni 2009 JENA, Historischer Friedhof am Philosophenweg, um 9:30 Uhr, Sommerfest des Mitwochkreises – Ev. Erwachsenenbildung, “Einblicke in die Dichterwerkstatt” - der Arbeitsbund von Schiller und Goethe.

Donnerstag, 09.Juli 2009 WIESBADEN, Haus der ev. Kirche, Schwalbacher Str. 6 um 15:00 Uhr. Vortrag mit Gedichten “Friedrich Schiller – ein Portrait” zum 250. Geburtstag.

Samstag, 05.September 2009 DALSHEIM, Ev. Gemeindezentrum, Am Römer
67592 Flörsheim-Dalsheim um 6:00 Uhr, “Einblicke in die Dichterwerkstatt” - der Arbeitsbund von Schiller und Goethe.

Samstag, 26. September 2009 JENA, Schillers Gartenhaus, Schillergäßchen,um 19:30 Uhr, “Schiller und Goethe zu Besuch bei Kalidasa” - Deutsche und indische klassische Poesie.

Samstag, 10. Oktober 2009 MAINZ, Residenz Mundus, Gr. Bleiche 44 um 19:00 Uhr,
„Friede sei ihr erst Geläute“ - Schillers Lied von der Glocke – Entstehung und Wirkungsgeschichte.

Sonntag, 15. November 2009, WIESBADEN,
"Schillerfest 2009" im Kurhaus Wiesbaden (Carl-Schuricht-Salon ), um 17:00 Uhr, große Geburtstagsfeier anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich Schiller mit Gedichtsrezitationen, szenischen Darbietungen und Musikbeiträgen. Erinnert wird auch an Schillers Dichterfreund J.W. Goethe, der in diesem Jahr seinen 260. Geburtstag feiert.

Sonntag, 22. November 2009, MAINZ, "Schillerfest 2009" im Kurfürstlichen Schloss (Leibnizsaal) zu Mainz , um17:00 Uhr, große Geburtstagsfeier anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich Schiller mit Gedichtsrezitationen, szenischen Darbietungen und Musikbeiträgen. Erinnert wird auch an Schillers Dichterfreund J.W. Goethe, der in diesem Jahr seinen 260. Geburtstag feiert.