Neuer Frühling


Hommage an den Dichter Heinrich Heine

Sonntag, 30. März 2014 um 19:00h

Mundus Residenz
Große Bleiche 44
55116 Mainz
Voranmeldung

Jugend

Titelblatt der Zeitschrift „Jugend" 1906


Die Dichterpflänzchen zeichnen in Gedichten und Prosastücken ein persönliches Bild dieses großen aber auch tragischen Dichters.

Heinrich Heine versteht es wie kaum ein anderer unser Herz zu rühren und den Kleinbürger in uns zu necken. Die bedrückenden politischen Zeitumstände, die Engstirnigkeit der Zeitgenossen, Duckmäuserei, die Unvollkommenheit der Welt sind Gebrechen, gegen die er sein Leben lang ankämpft und die uns heute nicht weniger bedrücken als damals. Das macht Heines Dichtung geradezu „zeitgenössisch“ modern. Die Rezitationen werden mit klassischer Musik umrahmt.

Sie hören unter anderem Gedichte aus „Neuer Frühling“ und andere, wie „Die Tendenz“, „Das Sklavenschiff“, „Marie Antoinette“, „Belsazar“ und „Der tugendhafte Hund“; sowie das Vorwort zu „Deutschland. Ein Wintermärchen“.

Vor 170 Jahren
konnte der kritische Dichter Heinrich Heine seine deutsche Heimat zum letzten Mal besuchen. Im Juli 1844 reiste Heine nach Hamburg und überwachte den Druck des Buchs, welches “Deutschland. Ein Wintermärchen“ und „Neue Gedichte“ zusammenfasste. Der Verleger Campe hatte aus politischen Bedenken den Druck verzögert. Ende September 1844 wurden die "Neuen Gedichte" samt dem "Wintermärchen" durch Hoffmann und Campe in 3000 Exemplaren ausgeliefert, Anfang Oktober erschien mit einer Vorrede (ein Auszug, siehe unten) ein separater Druck, der ohne erhebliche Eingriffe durch die Zensur gelaufen war. Am 4. Oktober wurden die neuen Gedichte in Preußen beschlagnahmt, bald darauf erging eine Aufforderung Preußens an die anderen Bundesländer, das gefährliche Werk zu verbieten. Anfang November schon war eine zweite Auflage der "Neuen Gedichte" in 4000 Exemplaren fällig. Am 12. Dezember 1844 erließ König Friedrich Wilhelm IV. die Anordnung, Heine bei Grenzüberschreitung zu verhaften.

Auszug aus dem Vorwort (Hamburg, den 17. September 1844, Heinrich Heine)
….. Wir sind im Herzen gewappnet gegen das Mißfallen dieser heldenmütigen Lakaien in schwarzrotgoldner Livree. Ich höre schon ihre Bierstimmen: »Du lästerst sogar unsere Farben, Verächter des Vaterlands, Freund der Franzosen, denen du den freien Rhein abtreten willst!« Beruhigt euch. Ich werde eure Farben achten und ehren, wenn sie es verdienen, wenn sie nicht mehr eine müßige oder knechtische Spielerei sind. Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben. Beruhigt euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr. Wegen dieser Liebe habe ich dreizehn Lebensjahre im Exile verlebt, und wegen ebendieser Liebe kehre ich wieder zurück ins Exil, vielleicht für immer, jedenfalls ohne zu flennen oder eine schiefmäulige Duldergrimasse zu schneiden. Ich bin der Freund der Franzosen, wie ich der Freund aller Menschen bin, wenn sie vernünftig und gut sind, und weil ich selber nicht so dumm oder so schlecht bin, als daß ich wünschen sollte, daß meine Deutschen und die Franzosen, die beiden auserwählten Völker der Humanität, sich die Hälse brächen zum Besten von England und Rußland und zur Schadenfreude aller Junker und Pfaffen dieses Erdballs. Seid ruhig, ich werde den Rhein nimmermehr den Franzosen abtreten, schon aus dem ganz einfachen Grunde: weil mir der Rhein gehört. Ja, mir gehört er, durch unveräußerliches Geburtsrecht, ich bin des freien Rheins noch weit freierer Sohn, an seinem Ufer stand meine Wiege, und ich sehe gar nicht ein, warum der Rhein irgendeinem andern gehören soll als den Landeskindern. Elsaß und Lothringen kann ich freilich dem deutschen Reiche nicht so leicht einverleiben, wie ihr es tut, denn die Leute in jenen Landen hängen fest an Frankreich wegen der Rechte, die sie durch die französische Staatsumwälzung gewonnen, wegen jener Gleichheitsgesetze und freien Institutionen, die dem bürgerlichen Gemüte sehr angenehm sind, aber dem Magen der großen Menge dennoch vieles zu wünschen übriglassen. Indessen, die Elsasser und Lothringer werden sich wieder an Deutschland anschließen, wenn wir das vollenden, was die Franzosen begonnen haben, wenn wir diese überflügeln in der Tat, wie wir es schon getan im Gedanken, wenn wir uns bis zu den letzten Folgerungen desselben emporschwingen, wenn wir die Dienstbarkeit bis in ihrem letzten Schlupfwinkel, dem Himmel, zerstören, wenn wir den Gott, der auf Erden im Menschen wohnt, aus seiner Erniedrigung retten, wenn wir die Erlöser Gottes werden, wenn wir das arme, glückenterbte Volk und den verhöhnten Genius und die geschändete Schönheit wieder in ihre Würde einsetzen, wie unsere großen Meister gesagt und gesungen und wie wir es wollen, wir, die Jünger - ja, nicht bloß Elsaß und Lothringen, sondern ganz Frankreich wird uns alsdann zufallen, ganz Europa, die ganze Welt - die ganze Welt wird deutsch werden! Von dieser Sendung und Universalherrschaft Deutschlands träume ich oft, wenn ich unter Eichen wandle. Das ist mein Patriotismus.