Freude, schöner Götterfunke
Musikalische Lesung - zu Friedrich Schillers Gedicht
Ode „An die Freude“
Sonntag, 08.10.2017 um 16:00 Uhr
Klosterkirche der Ursulinen
Burggasse 40, 94314 Straubing
Bettina Thurner (Mezzosopran), Judith Wagner (Orgel), Martin Thom (Geige),
Martha und Lutz Schauerhammer (Moderation und Rezitation)
Eintritt frei – Spende erbeten
Der junge Friedrich Schiller, gerade aus Baden-Württemberg nach Leipzig geflohen, schrieb die Ode „An die Freude“ im Jahr 1785 für seinen Gönner und Freund Gottfried Körner. Körner bot ihm unerwartet Hilfe in einer existenzbedrohenden Situation. Schillers Furcht vor Kerkerhaft wandelt sich in Freiheit, seine erdrückende Schuldenlast, in finanzielle Sicherheit. Die Erleichterung und Freude über sein neues unbeschwertes Leben bei wohlwollenden Freunden spiegelt sich deutlich in diesem Gedicht. Aber mehr noch, in vielen Strophen strahlt Schillers Begeisterung für die republikanischen Entwürfe seiner Zeit und sein Konzept zur Charakterbildung der Menschheit durch Schönheit in der Kunst. Alles, was den 26 jährigen Freigeist im Innersten bewegte, Freiheit, Verbesserung der Gesellschaft und des Individuums, Brüderlichkeit, Freundschaft und Versöhnung, fließt überschwänglich in dieses Gedicht ein.
Später vertont Ludwig van Beethoven Schillers Ode „An die Freude“ in seiner 9. Sinfonie. Mehr noch, er gibt ihr einen eigenen Satz, einen Chorsatz, der alle, die ihn hören, an Schillers Ideal erinnert und auffordert diese erneut aufzugreifen. Beethoven setzt Unterdrückung, Hass und Armut die Ode „An die Freude“ entgegen. - Die vertraute Melodie wird 1985 zur Europahymne, die auf der ganzen Welt gesungen wird.
Heute Nachmittag werden in der Präsentation die Gedanken von Freiheit, Brüderlichkeit und Freundschaft in Liedern, Gedichten und Briefstellen veranschaulicht. Obwohl, oder gerade weil die Welt des 21. Jahrhunderts gewalttätig, egoistisch und freudlos erscheint, wollen die mitwirkenden Künstler daran erinnern, dass Freude die treibende Kraft in Gottes Schöpfung ist.
Die Freundschaftsstrophe aus der Ode „An die Freude“:
Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein;
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja – wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wers nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund!
Schillers Freunde in Dresden-Loschwitz:
In Dresden, direkt auf dem jenseitigen Elbufer, das sie über das „blaue Wunder“ erreichen liegt der Vorort, damals das Dorf, Loschwitz. Körner besaß dort in einem lieblichen, von Rebenpflanzungen eingeschlossenen Tal einen Weinberg. Auf der Anhöhe, wo die Weinpflanzungen an das Fichtenwäldchen grenzten, hatte man Schiller einen Gartensaal eingeräumt. Hier gab er dem in Prosa vorliegenden „Don Carlos“ eine neue Gestalt.
Körner lud an einem schönen Herbsttag zu einer Landpartie. Schiller aber wollte weiter arbeiten und blieb zu Hause. Minna, Körners Frau, hatte aber, in der Annahme, dass Friedrich mitfahren werde, alle Schränke und Türen und den Keller verschließen lassen. So fand sich Friedrich ohne Speis und Trank, ja sogar ohne Feuerholz. - Seine Unmut steigerte sich noch, da direkt vor dem Fenster Wäsche gewaschen wurde. Seine schlechte Laune machte sich aber in drolligen Strophen Luft, die zu den heitersten zählen, die er je geschrieben hat.
Untertänigstes Promemoria
an die Konsistorial-Rat Körnersche weibliche Waschdeputation
eingereicht von einem niedergeschlagenen Trauerspieldichter in Loschwitz
Dumm ist mein Kopf, und schwer wie Blei,
Die Tabaksdose ledig,
Mein Magen leer, der Himmel sei
Dem Trauerspiel gnädig!
Ich kratze mit dem Federkiel
Auf den gewalkten Lumpen;
Wer kann Empfindung, wer Gefühl
Aus hohlem Herzen pumpen.
Feu’r soll ich gießen auf’s Papier
Mit angefrornem Finger –
O Phöbus, hassest Du Geschmier,
So wärm’ auch Deinen Jünger.
Die Wäsche klatscht vor meiner Tür,
Es plärrt die Küchenzofe,
Und mich – mich ruft das Flügeltier
Nach König Philipps Hofe.
Ich steige mutig auf das Ross,
In wenigen Sekunden
Seh’ ich Madrid; am Königsschloss
Hab’ ich es angebunden.
Ich eile durch die Galerie,
Und siehe da – belausche
Die junge Fürstin Eboli
Im süßen Liebesrausche.
Jetzt sinkt sie an des Prinzen Brust
Mit wonnevollem Schauer,
In ihren Augen Götterlust,
Doch in den seinen Trauer.
Schon ruft das schöne Weib Triumph,
Schön hör’ ich – – Tod und Hölle!
Was hör’ ich? – einen nassen Strumpf
Geworfen in die Welle.
Und weg ist Traum und Feerei!
Prinzessin, Gott befohlen!
Der Teufel soll die Dichterei
Beim Hemdenwaschen holen.
Gegeben in unserer jammervollen Lage, unweit dem Keller.
Friedrich Schiller, Haus- und Wirtschaftsdichter.
Die Jahre in Leipzig und Dresden gehören zu den glücklichsten Jahren Schillers. Selten war sein Leben so frei und unbeschwert. Er lies sich sogar zu Karikaturen über die schriftstellerische Arbeit seines einen Freund Körner hinreißen.
Das Schiller-Körner-Denkmal, auch Schiller-Körner-Brunnen bezeichnet, in Dresden befindet sich als Hochrelief an einer Stützmauer gegenüber dem Schillerhäuschen.
Es erinnert an die Freundschaft Christian Gottfried Körners mit Schiller, aber auch an dessen letzten Besuch und endgültigen Abschied 1801 sowie den Abschied von Körners Sohn Theodor, der 1813 als Angehöriger des Lützowschen Freikorps in den Krieg gegen Napoléon Bonapartes Truppen zog und noch im gleichen Jahr fiel.