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William Shakespeare vom Nichtsein zum Sein

Ein Hommage an den großen Dichter anlässlich des 400. Todestages   
Musikalische Lesung des Wiesbadener Poesievereins Dichterpflänzchen e.V.

Samstag, den 23.04.2016 um 19:00h

Literaturhaus Villa Clementine
Frankfurter Str. 1
65183 Wiesbaden

Eintritt 7,- €

Ohne die Wiederentdeckung Shakespeare durch die deutschen vorklassischen und klassischen Dichter, ist ein modernes Theater nicht vorstellbar. Gottsched, Lessing, Herder und Goethe
entwickelten in Dialog und Kontroverse in Bezug auf Shakespeares Werke die deutschsprachige Poesie und ein eigenständiges deutsches Theater. Dadurch erlangte Shakespeare, in seinem Vaterland schon vergessen, neue Größe und Bedeutung. Sein Einfluss insbesondere auf Goethes und Schillers Dramen ist überraschend deutlich. Die Rezitatoren des Poesievereins „Dichterpflänzchen“ stellen diese konzeptionelle Verbindung in szenischer Lesung vor, indem sie König Lear Die Räuber und Romeo und Julia Kabale und Liebe gegenüberstellen. Die Sprachbeiträge werden von Djamila Hedjal mit klassischer Gitarre umrahmt.

Gotthold Ephraim Lessing
Briefe, die neueste Literatur betreffend. Siebzehnter Brief, 16. Februar 1759.


... „Wenn man die Meisterstücke des Shakespeare, mit einigen bescheidenen Veränderungen, unsern Deutschen übersetzt hätte, ich weiß gewiss, es würde von bessern Folgen gewesen sein, als dass man sie mit dem Corneille und Racine so bekannt gemacht hat. Erstlich würde das Volk an jenem weit mehr Geschmack gefunden haben, als es an diesen nicht finden kann; und zweitens würde jener ganz andere Köpfe unter uns erweckt haben, als man von diesen zu rühmen weiß. Denn ein Genie kann nur von einem Genie entzündet werden; und am leichtesten von so einem, das alles bloß der Natur zu danken zu haben scheinet. …

Nach dem Ödipus des Sophokles muss in der Welt kein Stück mehr Gewalt über unsere Leidenschaften haben als Othello, als König Lear, als Hamlet.“

Johann Gottfried Herder
Von deutscher Art und Kunst – Shakespeare


… Shakespeare fand keinen Chor vor sich; aber wohl Staats- und Marionettenspiele! Er bildete also aus diesen Staats- und Marionettenspielen (dem so schlechten Leim!) das herrliche Geschöpf, das da vor uns steht und lebt! Er fand keinen so einfachen Volks- und Vaterlandscharakter, sondern ein Vielfaches von Ständen, Lebensarten, Gesinnungen, Völkern und Spracharten;... er dichtete also Stände und Menschen, Völker und Spracharten, König und Narren, Narren und König zu dem herrlichen Ganzen! Er fand keinen so einfachen Geist der Geschichte, der Fabel, der Handlung: er nahm Geschichte, wie er sie fand, und setzte mit Schöpfergeist das verschiedenartigste Zeug zu einem Wunderganzen zusammen. …

Johann Wolfgang Goethe
Zum Shakespeare Tag. In seinem Elternhaus in Frankfurt am 14. Oktober 1771 von ihm vorgetragen.


„Shakespeare, mein Freund, wenn du noch unter uns wärest, ich könnte nirgend leben als mit dir, wie gern wollt ich die Nebenrolle eines Pylades spielen, wenn du Orest wärst. …

Shakespears Theater ist ein schöner Raritäten Kasten, in dem die Geschichte der Welt vor unsern Augen an dem unsichtbaren Faden der Zeit vorbeiwallt. Seine… Stücke drehen sich alle um den geheimen Punkt, den noch kein Philosoph gesehen und bestimmt hat, in dem das Eigentümliche unsres Ich’s, die prätendierte Freiheit unsres Willens, mit dem notwendigen Gang des Ganzen zusammenstößt. Unser verdorbener Geschmack aber umnebelt dergestalt unsere Augen, dass wir fast eine neue Schöpfung nötig haben, uns aus dieser Finsternis zu entwickeln.“ …