Ein gelungener Abschluss
des Rosenfests in Eltville 2013

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(Alle Fotos Dieter Schenk)     

Es war einer der wenigen warmen Frühsommerabende, am Sonntag, den 16.06.2013, der zum Ausgehen einlud.
Im Schatten der Kastanien des Eltzer Hofes in Eltville und des Kirchturms von Peter und Paul fanden sich zahlreiche Rosen- und Literaturfreunde ein, um den Abschluss der Rosentage zum 25. Jubiläum der Rosenstadt Eltville festlich zu begehen.

Im historischen Innenhof leuchteten noch viele der roten Rosen des Kunstwerkes von Ottmar Hörl. Zwischen diesen prächtigen Blüten präsentierten die Mitglieder des Poesievereins Dichterpflänzchen ihr Rezitationsprogramm „Jedoch, in wen ist die Rose verliebt?“. Es stellte Gedichte und Wissenswertes über die Rose aus nahen und fernen Kulturen vor. Die Wortbeiträge wurden von klassischer Klaviermusik umrahmt.

Herr Bürgermeister Patrick Kunkel gab einem kurzen Rückblick über die gelungenen Festtage zu 25 Jahren Rosenstadt Eltville un begrüßte dann die anwesenden Gäste, darunter auch die Eigentümer des Eltzer Hofes, Graf und Gräfin zu Eltz.

Nach einer musikalischen Eröffnung führte Martha Schauerhammer mit unterhaltenden Informationen in das Rosenprogramm ein. So berichtete Sie, dass bereits im 6. Jahrhundert vor Christus die griechische Dichterin Sappho die Rose als „„Königin der Blumen" bezeichnete – später nannte sie Johann Wolfgang von Goethe in einem Gedicht „Königin des Blumenreiches“.

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Sie ist nicht nur die Allerschönste, sie gehört auch zu den ältesten Blumen, die wir kennen. Man hat Fossilien mit dem Abdruck einer Rose gefunden, die auf etwa 25 Millionen Jahre zurückdatiert werden. Ihr Aufstieg zur Allerschönsten begann vor etwa 5000 Jahren, als die Chinesen anfingen Gärten mit Rosen anzulegen und sie zu züchten, denn in der Natur findet man nur die fünfblättrige Hagerose und es war ein weiter Weg zur vielblättrigen, gefüllten Rose, wie sie heute unsere Gärten schmückt.

Die Moderatorin zitierte sodann den Rosenfreund Konrad Adenauer:
„Die Rose ist etwas so Schönes, dass auch der wahnsinnigste Züchter sie nicht verderben kann.“
Und fügte eine Geständnis des Österreichischen Erzählers Karl-Heinrich Waggerl hinzu, der sagte: „Hätte ich je den Mut gehabt, ein Tagebuch zu führen, so würde jede erste Morgenstunde im Sommer mit der gleichen Eintragung versehen sein: ’Bin bei der Rose gewesen’ ".

Über den Ursprung der Rose gibt es viele Theorien, ergänzte Lutz Schauerhammer und stellte eine nette Idee des Dichters Friedrich Rückert vor:

Friedrich Rückert
Ursprung der Rose

Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,
Es tut‘s nur sich zur Lust, es tut‘s nicht ihm zuleide.

Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwackt
Ein Flöckchen Wolle nur; es ward davon nicht nackt.

Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;
Da kam die Nachtigall und wollte bau‘n ihr Nest.

Sie sprach: „Tu auf die Hand und gib das Flöckchen mir
Und ist mein Nest gebaut, sing ich zum Danke dir.“

Er gab, sie nahm und baut und als sie nun gesungen,
Da ist am Rosendorn vor Lust die Ros‘ entsprungen!


Römische Kaiser ließen bei Festlichkeiten Rosen, die schon damals in Treibhäusern kultiviert wurden, auf ihre Gäste niederrieseln. Man badete in Rosenwasser und schritt auf einem Teppich aus Rosenblättern zum Gastmahl, wie heute so manches Brautpaar zur Trauung. Der eigentliche Mittelpunkt des Rosenkultes ist Persien.

Ein zentrales Thema, vor allem in der persischen und türkischen Poesie, ist die Verbindung von Rose und Nachtigall. Die Rose steht für die absolute Schönheit und die Nachtigal für die unerfüllte Liebe.

Firdusi (persischer Dichter im 10. Jhdt)

Die Gärten glühn von Rosentinten,
Die Berge voll Tulpen und Hyazinthen.
Im Haine klagt die Nachtigall. (…)
Wer weiß, was stets die Nachtigallen kosen?
Was stets sie suchen unter den Rosen?
Steh' auf am Morgen, blick' auf und dicht',
Du hörst, wie die Nachtigall altpersisch spricht.


Wo Rosen erblühen, kosen auch Nachtigallen, die nie aufhören, der Rose in tausend wechselnden Liedern ihre Liebe zu erklären, während diese, darüber unbekümmert, sich nur des Lebens freut, ohne sich die melancholischen Klagen der Nachtigall groß zu Herzen zu nehmen.

Hafis (persischer Dichter im 14. Jhdt) schilt sie deshalb:
„Wisse, Rose, dir geziemt es
Nicht, so stolz zu sein auf deine Schönheit,
Dass aus Stolz du nach der irren
Nachtigall nicht einmal fragest.“

Die Rose ist die Blume der Verliebten. Es gibt kaum einen jungen Mann, so Martha Schauerhammer, der seiner Liebe nicht durch das Verschenken einer roten Rose Ausdruck verlieh. Der Dichter Heinrich Heine singt von dieser Rose in vielen seiner Liedern. Hier Beispiele aus seiner Gedichtsammlung: Neuer Frühling.

Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute.
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus, bis an das Haus,
Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag ich lass sie grüßen.


Der Schmetterling ist in die Rose verliebt,
Umflattert sie tausendmal,
Ihn selber aber, goldig zart,
Umflattert der liebende Sonnenstrahl.

Jedoch, in wen ist die Rose verliebt?
Das wüßt ich gar zu gern.
Ist es die singende Nachtigall?
Ist es der schweigende Abendstern?

Ich weiß nicht, in wen die Rose verliebt;
Ich aber lieb' euch all':
Rose, Schmetterling, Sonnenstrahl,
Abendstern und Nachtigall.


Doch die Rose hat Dornen, die Schönheit vergeht. Auf den Sommer folgt unaufhaltsam der Herbst. Mit dieser Tatsache muss man sich abfinden, erzählten die beiden Dichterpflänzchen, trösteten aber gleich mit ein arabisches Sprichwort:

"Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt,
sondern freue dich darüber, dass der Dornenstrauch Rosen trägt"


Das Thema ‚Rose und Dornen’ hat auch Johann Wolfgang von Goethe inspiriert; er schuf sein Gedicht vom Heidenröslein. Und natürlich erklang, von Werner Hartmann, gespielt das Heidenröslein in der Vertonung von Franz Schubert.

Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
lief er schnell, es nah zu sehn,
sah’s mit vielen Freuden.

Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.

Der einzige Fehler, den alle an der Rose tadeln, ist ihre kurze Blütezeit. Die herrliche Pracht verwelkt leider zu rasch. - So steht die Rose auch als Sinnbild des Werdens und Vergehens. Mit einer Fabel des griechischen Dichters Babrios aus dem 2. Jahrhundert drückt Martha Schauerhammer diese Vergänglichkeit aus:

Die Rose und das Immergrün

Zur Rose, welche bei ihm wuchs, sprach das Immergrün:
„Was bist du doch für eine prächtige Blume, begehrt von Göttern und Menschen! Ich preise dich ob deiner Schönheit und deines Duftes."
Erwiderte die Rose: ,,Mein Immergrün, ich lebe nur für kurze Zeit, und wenn mich niemand pflückt, dann welke ich; du aber blühst und lebst ewig, immer jung."

Eines der stimmungsvollsten Rosengedichte schloss die philosophischen Betrachtungen über die Vergänglichkeit der Schönheit ab.

Friedrich Hebbel
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Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,
Sie war, als ob sie bluten könne, rot;
Da sprach ich schaudernd im Vorübergehen:
So weit im Leben, ist zu nah am Tod!

Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
Nur leise strich ein weißer Schmetterling;
Doch, ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
Bewegte, sie empfand es und verging.


Ein Thema wollen wir, zum Abschluss noch streifen, die Rose und der Wein. Die Zeit der Rosenblüte ist auch die der Gartenfeste, man sitzt im Freien zusammen und trinkt. Wenn man das häufig und über einen längeren Zeitraum tut, kann das ganz besondere Blüten treiben, warnte Martha Schauerhammer. Wilhelm Busch, der alte Spötter, verarbeitete dieses Thema auf eine ganz eigene und für ihn typische Art:


Kinder, lasset uns besingen,
Aber ohne allen Neid,
Onkel Kaspers rote Nase,
Die uns schon so oft erfreut.

Einst ward sie als zarte Pflanze
Ihm von der Natur geschenkt;
Fleißig hat er sie begossen,
Sie mit Wein und Schnaps getränkt.

Bald bemerkte er mit Freuden,
Daß die junge Knospe schwoll,
Bis es eine Rose wurde,
Dunkelrot und wundervoll.

Alle Rosen haben Dornen,
Diese Rose hat sie nicht,
Hat nur so ein Büschel Haare,
Welches keinen Menschen sticht.

Ihrem Kelch entströmen süße
Wohlgerüche, mit Verlaub:
Aus der wohlbekannten Dose
Schöpft sie ihren Blütenstaub.

Oft an einem frischen Morgen
Zeigt sie uns ein duftig Blau,
Und an ihrem Herzensblatte
Blinkt ein Tröpflein Perlentau.

Wenn die andern Blumen welken,
Wenn's im Winter rauh und kalt,
Dann hat diese Wunderrose
Erst die rechte Wohlgestalt.

Drum zu ihrem Preis und Ruhme
Singen wir dies schöne Lied.
Vivat Onkel Kaspers Nase,
Die zu allen Zeiten blüht!

Das Motiv Rose und Wein durchzieht auch die gesamte orientalische Dichtung. Der Wein hat Farbe und Duft wie sie, und der gefüllte Weinpokal leuchtet wie eine aufgeblühte Rose. In Istanbul sang der osmanische Hofdichter Baki im 16. Jahrhundert:

„Schenke, welche hübsche Rose ist der Weinpokal!
Wer ihn in die Hand genommen, wird zur Nachtigall!“

Mit einem Augenzwinkern rieten die Rezitatoren: “Treiben wir es aber nicht zu ausgelassen mit dem Wein, damit es uns nicht so geht, wie dem Dichter in dem folgenden Zwiegespräch mit dem Schenken aus Goethes West-östlichen Diwan. Der Katzenjammer plagt so sehr, dass weder die Rose noch Nachtigals Gesang den Zecher aufheitern können.


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Schenke:

Welch ein Zustand! Herr, so späte
Schleichst du heut aus deiner Kammer;
Perser nennens Bidamag buden,
Deutsche sagen Katzenjammer.







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Dichter:

Laß mich jetzt, geliebter Knabe!
Mir will nicht die Welt gefallen,
Nicht der Schein, der Duft der Rose,
Nicht der Sang der Nachtigallen.







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Schenke:

Ebendas will ich behandeln,
Und ich denk, es soll mir klecken;
Hier! genieß die frischen Mandeln,
Und der Wein wird wieder schmecken.

Dann will ich auf der Terrasse
Dich mit frischen Lüften tränken;
Wie ich dich ins Auge fasse,
Gibst du einen Kuss dem Schenken.


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Schau! Die Welt ist keine Höhle,
Immer reich an Brut und Nestern,
Rosenduft und Rosenöle;
Bulbul auch, sie singt wie gestern.











Die Eigenkomposition von Werner Hartmann „Blumen und Dornen“ und die Aufforderung von Martha Schauerhammer, noch mit einem guten Wein auf das 25. Rosenjubiläum in Eltville anstoßen, beendete diese poetische Finissage der Rosentage Eltville.

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