Orient und Okzident im poetischen Dialog
VHS und Dichterpflänzchen beginnen in diesem Herbst eine Reihe von Rezitationsveranstaltungen mit musikalischer Begleitung zum Thema Orient und Okzident im poetischen Dialog. Auf diese Weise wollen wir dem deutschen Publikum den Zugang zu den Gedankenwelten des Orients erleichtern. Die Rezitationsprogramme bauen aufeinander auf, können aber auch einzeln verstanden werden.
Beginnen wird die 4-teilige Reihe mit dem West-Östlichen Divan von J. W. Goethe. Die orientalischen Bilder und Gedichtsformen sind für das 'westliche' Ohr nicht automatisch anrührend und verständlich. Da Goethe jedoch in seinem Divan als Deutscher selbst zum Perser geworden scheint, dichtet er in klassisch persischer Manier, aber eben als Dichter der deutschen Klassik. So fällt es dem 'westliche' Ohr leicht, orientalische Begrifflichkeiten aufzunehmen.
Als nächstes folgt ein Portrait des Dichterphilologen Friedrich Rückert. Er ist Dichter aus Leidenschaft, spricht unzählige Sprachen und sammelt weltweit Gedichte, um damit den deutschen Sprachschatz zu erweitern; insbesondere durch das Ghasel, welches er aus dem Orient übernimmt und weiterentwickelt. Sein Werk ist ein schönes Beispiel dafür, wie fremde Hochkulturen sich gegenseitig befruchten. Von ihm stammt auch das Motto: Weltpoesie allein ist Weltversöhnung!
Im Anschluss an Friedrich Rückert folgt ein Streifzug durch die türkischer Poesie aus 7 Jahrhunderten. Beginnend mit Yunus Emre (er lebte zu Beginn des 13. Jahrhunderts) bis hin zu Dichtern des 20.Jahrhunderts werden Perlen der osmanischen Dichtung präsentiert und zeitgleichen oder inhaltsähnlichen Werken aus dem westeuropäischen Sprachraum gegenübergestellt. Die meisten Gedichte werden in deutscher, wenige auch in türkischer Sprache vorgetragen.
Im letzten Teil der Reihe werden Werke des islamischen Dichterphilosophen Mevlana Dschelaleddin Rumi vorgestellt, der 2007 seinen 800. Geburtstag feierte. Die ausgewählten Gedichte zeigen die Einmaligkeit dieses mystischen Dichters, der in viele Religionen und Weltanschauungen hineingewirkt hat. In seiner Besonderheit ergänzt es die vorangegangenen Dialogprogramme um Aspekte des Sufismus.
Die Rezitationsprogramme im einzelnen:
Do 1. 1107, 19:30h, Frankfurt, Stadtbibliothek, Hasengasse 4, Eintritt: 6,- €
Der West-Östliche Divan als Dialog zwischen Goethe und Hafis
Die Gedichtsammlung des persichen Dichters Hafis regte Goethe zu einem ausführlichen Studium der persischen Kultur, Geschichte und Religion an. Der Zauber, den Hafis' Gedichte auf ihn ausübten, inspirierte eine neue, langanhaltende Schaffensperiode, die sich in einer umfangreichen Gedichtssammlung, dem 'Westöstlichen Divan' niederschlug.
Goethes 'Divan' ist ein durchgängiger Dialog zwischen Morgen- und Abendland, bei dem beide Kulturen ihre besten Seiten miteinander verschmelzen. Aus diesem Zwiegespräch entstand eine neue Art von Dichtung, die zu dem Schönsten gehört, was die Poesie hervorgebracht hat.
In einer Zeit, in der vom Zusammenprall der Kulturen gesprochen wird, antworten wir mit den Dialog der Kulturen, wollen das Vereinende der unterschiedlichen Kulturen hervorheben und aufzeigen, wie andere, in diesem Fall die persisch/orientalische Kultur, unsere eigene befruchtet und befördert haben. Goethes 'Divan' ist dafür ein ideales Beispiel. Die Rezitationen werden von einigen Liedern aus Goethes 'Divan' umrahmt.
Do 22.11.07 19:30h, Frankfurt, VHS-Gebäude, Sonnemannstr. 13, Eintritt: 6,-€
“Weltpoesie allein ist Weltversöhnung” - ein Portrait Friedrich Rückerts
Das sagte und danach lebte Friedrich Rückert, der heute noch vor allem als „Dichter der Liebe“ bekannt ist, weil zahlreiche seiner Liebesgedichte vertont wurden. Weniger bekannt ist er als Dichter-Wissenschaftler, der die deutsche Poesie wie kaum ein anderer durch die Literatur des nahen und fernen Ostens bereicherte. Für das Sprachgenie Rückert - er beherrschte 40 Sprachen - war Dichten die „innere Sprache des Denkens“ und Poesie die „Muttersprache des Menschengeschlechts“.
Der Orientalist Hammer-Purgstall, der durch seine Übersetzungen schon Goethe zu dessen West-Östlichem Divan angeregt hatte, entfachte auch Rückerts Liebe für die Sprachen des Orients, deren schönste Blüten er in den Gedichtbänden Östliche Rosen und Ghaselen sammelte, von denen Dietrich Fischer-Dieskau sagte, Rückert habe es einzigartig verstanden, der „orientalischen Sprachmusik aufzuhorchen“ und sie ins Deutsche zu übertragen.
Die Dichterpflänzchen laden Sie ein, Friedrich Rückert auf einer Reise durch Arabien, Persien, zu den Bramanen in Indien, bis ins ferne China zu folgen. Doch auch in der Heimat möchten wir Sie durch Rückerts Leben führen: Seine politischen Geharnischten Sonette, die er seinen Landsleuten hinter die Ohren schrieb; seine jugendlichen Liebesgedichte, die er vergeblich seiner bitteren Marie sang; seine selbstironischen Scherze; seine unendliche Liebeserklärung an seine Frau und seine herzzerreißenden Kindertotenlieder, in denen er den frühen Tod zwei seiner Kinder betrauerte. Und natürlich werden auch einige der schönsten Vertonungen seiner Gedichte erklingen.
Do 13.12.07, 19:30h, Frankfurt, VHS-Gebäude, Sonnemannstr. 13, Eintritt: 6,-€
Yunus Emre „Meine Liebe geht übers Herz hinaus“ - „Seni ben severim candan içerü” Klassische türkische und deutsche Poesie und Musik
Als “Reiseleiter” in die ferne türkische Kultur begleiten uns die Islamwissenschaftlerin Frau Annemarie Schimmel und eine Reihe deutscher Dichter.
Die türkische Dichtung führt, obwohl im 19. Jahrhundert erforscht, in Deutschland leider das Dasein eines „Mauerblümchens“. Wie abwechslungsreich, innig und bedeutend die türkische Poesie ist, wollen wir auf dieser poetischen Exkursion aufzeigen. Im Dialog werden türkische und deutsche Poeten ihre Werke und Ideenwelt präsentieren. Der erste Besuch gilt dem wohl bekanntesten und ersten türkischen, mystischen Dichter Yunus Emre. Auch einige seiner Nachfolger, die sich der Volksdichtung widmeten, werden wir aufsuchen und bei den Hofdichtern der Tulpenzeit in Istanbul vorbeischauen. Die letzte Entwicklung der modernen türkischen Poesie werden wir nur aus der Ferne betrachten. Mit den Rezitationsbeispielen zeigen wir neben den Unterschieden vor allem das Verbindende dieser beiden Kulturen auf. Wir wollen neugierig machen, den anderen kennen zu lernen und den Dialog der Kulturen mit Inhalt zu füllen. Wir stellen die meisten türkischen Gedichte in deutschen Übertragungen vor. Sie hören Werke von:
Yunus Emre Franz von Assisi
Pir Sultan Abdal G. E. Lessing
Nedim Johann W. Goethe
Yahya Kemal Beyatli
Orhan Velia Kanik
Die Rezitationen werden musikalisch umrahmt.
Do 10.01.2008, 19:30h, Frankfurt, VHS-Gebäude, Sonnemannstr. 13, Eintritt: 6,-€
„Von Allem und vom Einen“ - oder die Liebe des Mevlana Dschelaleddin Rumi
Im Mevlana-Jahr, zu seinem 800. Geburtstag, erinnern die Dichterpflänzchen an den großen und einzigartigen islamischen mystischen Dichter und Gelehrten Mevlana Dschelaleddin Rumi. Sein Werk hat in viele Kulturen hineingewirkt und viele Nationen berufen sich auf Ihn. Der Iran: denn im Jahre 1207 wurde er in Belch, damals auf persischem Gebiet geboren. Afghanistan: denn heute liegt Rumis Geburtsort im Norden dieses Landes. Sein philosophisches Werk findet Ausdruck im Hinduismus und Buddhismus Indiens und Japans. Und natürlich beruft sich die Türkei auf ihn, da er von 1221 an, bis zu seinem Lebensende im Jahre 1273, in der alten Seldschukenhauptstadt Konya lebte und lehrte.
Das Programm zeigt die Sonderstellung auf, die Rumi inne hat. Er, der sich mit dem Christentum ebenso auseinandersetzte, wie mit allen großen Religionen seiner Zeit, findet in der selbstlosen Liebe seinen eigenen Weg im Islam.
Mit einer Auswahl von Gedichten aus der großen Gedichtsammlung, dem „Diwane-i-kabir“, mit Auszügen aus seinem mystischen Lehrbuch, dem „Mathnawi“ und Prosatexten aus dem Buch der Gespräche, dem „Fihi-ma-Fihi“, präsentieren die Dichterpflänzchen mit der Unterstützung türkischer Mitwirkender eine offenherzige und respektvolle Annäherung an diesen großen Dichterphilosophen.
Die Rezitationsbeiträge werden in türkischer und in deutscher Sprache dargeboten. Sie werden mit türkischer Musik, vornehmlich auf der Ney gespielt, umrahmt.